Kairos Inspirationen 2024

Kairos Inspirationen 2024/#4

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

 

Kairos Inspiration 25. 2. 2024

 

Wer die Kairos Inspirationen liest, kennt unser aktuelles Leitfoto zur Genüge. Es hält die Saarschleife im Abendrot fest. Ein schönes Foto, könnte man sagen, vertraut wie 1000 andere, wäre da nicht links der rote Stiefel. Während die große Waldlandschaft fast schon dunkel da steht, beleuchtet die Sonne im Untergang gerade die rote Oberseite des Stiefels. Ganz links, am Schaft, sieht es fast so aus, als würde ein kleines Männchen den Untergang beobachten. Es ist ein künstlerisches Foto.

 

Ich möchte mich jetzt nicht in einer allgemeinen Bildbetrachtung verlieren, sondern etwas zum Kairos dieses Bildes sagen, ohne ins Detail zu gehen. Dieser Kairos ist sowohl ein persönlicher als auch ein geschichtlicher.

 

Zum einen ist er grob aus dem Alter der Fotografin Rebekka abzulesen. Sie war zu diesem Zeitpunkt etwa 43 Jahre alt. Dieser Kairos ist von der persönlichen Lebensdynamik dieser Frau her genauer zu bestimmen. Sie befindet sich in der siebten Kairos-Lebensphase (38-45 Jahre). Das Foto ist Zeichen einer bewussten künstlerischen Selbstentfaltung. Das Foto, das sie dankenswerterweise hier zur Verfügung stellt, ist zugleich ein Hinweis darauf, dass ihr Wille wächst, mit dieser besonderen Begabung auch konkret nach außen zu treten.

 

Zum anderen begegnen wir einem historischen Kairos. Die Künstlerin ist Jahrgang 1980. Sie gehört kairologisch zu einem Generationsfeld, das den Neuaufbruch sucht im Verhältnis zu den bisherigen festgefahrenen Sinnvorstellungen. Sie gehört mit ihrem schöpferischen Streben darin zu jener ersten Stufe der Neuentwicklung (Schichtung), die den Aufbruch eher zeichenhaft, symbolisch zum Ausdruck bringt.

 

Was wir sehen, ist, dass ihr Foto ein Zweifaches durchbricht. Die Mechanik der Fotografie und die Zielorientiertheit von Werbefotografie. Der Stiefeltritt war real, aber was sie gleichsam überspringt, ist die Mechanik der Fotografie. Das Foto verwandelt sich in eine geistige Idee. Es ist keine bewusste Verfremdung. Und so sagt es etwas Wesentliches aus: Ein Foto ist nie bloß Abbild, sondern immer auch ein schöpferischer Akt.
Der Vorgang ist natürlich und doch scheint die Situation ein Kairos-Moment zu sein, der die Sinndynamik dieser Kairos-Generation betrifft.

 

Mir ist bewusst, dass in dieser Knappheit die Aussage leicht überzogen wirken kann. Zum Glück kenne ich diese Person etwas genauer und wage es daher, dieses Foto so zu interpretieren.

 

Wichtiger aber ist das Grundsätzliche, was diese Deutung andeuten will. Der wirklich persönliche Akt jedes Menschen ist immer auch Ausdruck seines Kairos. Denn es kommt darin eine ureigene Dynamik zum Vorschein und, schwerer fassbar, auch der Bezug des einzelnen zum größeren Ganzen, in dem er oder sie steht.

 

Karl Hofmann

Kairos Inspirationen 2024/#3

Alles, was wir als wirklich sehen, hat für uns Bedeutung.

 

Kairos Inspiration 18. 2. 2024

 

Der Satz gilt auch andersherum: Alles, was für uns Bedeutung hat, sehen wir auch als wirklich.

 

Teufel, Kobolde, Hexen, Engel, der Himmel der Seligen … waren für das Mittelalter wirklich. Daran zweifelte der universale Glaube des christlichen Abendlandes nicht. Und wer es doch tat, war ein Ketzer, modern gesprochen, ein Verschwörungstheoretiker.

 

Der Untergang der Titanic, die Mondlandung, 9/11, Covid19, die Alleinschuld Russlands am Ukraine Krieg – das ist für die normale aktuelle Wahrnehmung wirklich. Daran zweifelt „man“ nicht, und wer es tut, ist Verschwörungstheoretiker, der öffentlich mundtot gemacht werden muss.

 

Als Tatsache wird behauptet, was Sinnbedeutung hat. Welches Bild wir uns von einem Vorgang machen, hat immer mit der Bedeutung zu tun, die wir ihm zuschreiben, in die unsere Energie, unsere Lebenssehnsucht fließt. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Damit wird nicht bezweifelt, dass dies und jenes  real nachweisbar ist. Doch daraus folgt noch nicht, dass und wie dieses Geschehen wahrgenommen wird. Denn das hängt eben davon ab, wie man dazu in Beziehung geht und dieses wiederum davon, worum es einem gegenwärtig geht.

 

Der eine ignoriert den Seitensprung seiner Frau, der andere lässt sich scheiden. An den Reaktionen erkennt man die Bedeutung, die der Sachverhalt für beide hat. Der eine nimmt den Seitensprung als Warnschuss und verhält sich danach liebevoller als vorher, der andere nimmt ihn als Erlösung aus einer für ihn suboptimalen Beziehung.

 

In allen Fällen verkleidet sich die Bedeutung in ein Narrativ, eine bewusst erzählte Geschichte, die das wie, warum, wozu umfasst und an der man, soweit möglich, festhält, zumindest so lange, solange die Beteiligten, gleich ob einzelne oder ganze Völker, es für notwendig halten. Um der Bedeutung willen wird manches aufgebauscht, anderes klein geredet, geschrien oder geschwiegen, Gewalt angewandt oder Frieden gestiftet.

 

Karl Hofmann

Kairos Inspirationen 2024/#2

Achte auf die Melodie des Lebens, welche in dir schwingt.
Gautama Buddha

 

Kairos Inspiration 11.2.2024

 

Im „Rosenkavalier“, einer Operette von Hofmannsthal, ist die Rede von der eigenen Lebenszeit als ein „gar sonderbares Ding“. Goethe schreibt in seinem Faust I über das Leben des Menschen: „ein jeder lebt`s, nicht vielen ist´s bekannt“.

 

Gehörst du auch zu denen, die manchmal rätseln, welche verschlungenen Wege das eigene Leben zu gehen scheint, wie manchmal Späteres an Früheres erinnert, Manches wiederkehrt, Manches zu einer unerwarteten Befreiung führt?

 

Drängt es dich nicht auch dazu, Einheit und innere Logik deiner Lebenszeit tiefer zu verstehen, den roten Faden zu sehen, Orientierungen für deine weiteren Lebensjahre daraus zu gewinnen?

 

Mit welchen Antworten gibst du dich bisher zufrieden?

 

„Vielen genügt es, das Material ihrer Lebensgeschichte als unmittelbare innere Einheit zu werten. Diese Wertung kann von tiefer Dankbarkeit bis zu herber Enttäuschung reichen. Nicht wenige sind damit zufrieden, ihr Leben rational, manchmal wissenschaftlich vertieft, geordnet zu sehen. Wieder andere drängt es danach, unter der Oberfläche Beziehungsgeflechte, Knotenpunkte, Zusammenhänge zwischen Unbewusstem und Bewusstem zu erforschen. Schließlich ahnen manche, dass der eigene Weg in die größere Geschichte des eigenen Volkes, der Kultur, der Menschheit, des Kosmos eingeordnet werden muss, soll sich seine ganze Bedeutung erschließen.“

Hofmann, Kairos. Navigator der menschlichen Zeit, 253f

 

Hier bist du eingeladen, nach der „Melodie des Lebens“ zu suchen, die in dir schwingt. Doch schon kommen vielleicht die nächsten Fragen: Was ist das für ein Leben, von dem hier die Rede ist? Ist es identisch mit bestimmten biologischen Rhythmen, subjektiven Empfindungen oder gar dem Wandel gedanklicher Vorstellungen, den Veränderungen bestimmter Interessen oder Handlungsabläufe?

 

Wenn du angefangen hast, vom Kairos her zu denken, merkst du, dass es um mehr geht. Leben ist eine bestimmte einmalige menschlichen Dynamik, die mehr ist, als du durch Naturwissenschaft erfassen kannst. Texte ändern sich, die Melodie bleibt. Die Melodie kennt ein geordnetes Auf und Ab. Sie gibt die unsichtbare Ordnung des Lebensliedes vor. Sie schwingt.

 

Obwohl jedes Lied eine Melodie hat, so wird es deswegen nicht zwangsläufig auch melodisch gesungen. Manchmal scheint es, dass der Bezug zur Melodie überhaupt verloren gegangen ist. Dann spielst du aber keine Rolle mehr im Chor.

 

Geht es nun um deine Melodie, die in dir schwingt oder um die Melodie des Lebens, die in dir schwingt? So individuell, wie viele ihr Leben betrachten, neigen sie wohl auch dazu, die erstere Deutung anzunehmen. Je konkreter dabei einer das Leben vor Augen hat, desto mehr scheint er recht zu haben. Kairologisch gilt ein gleicher Weise die zweite Deutung. Menschliches Leben hat einen eigenen Takt, dessen Einheiten von Mondmonatslängen über Lebensquanten und Kairos Lebensphasen bis hin zu großen Zeiteinheiten reichen.

 

Der theoretisch präzise bestimmbare Takt zeigt sich praktisch in einem lebendigen Rhythmus, der den Text des Lebens prägt. Darauf kannst du intuitiv achten oder mit vollem Bewusstsein, angeleitet durch das Wissen um die Dynamik des menschlichen Kairos.

Karl Hofmann

Kairos Inspirationen 2024/#1

Wem Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit, der ist befreit von allem Streit.
Jakob Böhme

Kairos Inspiration 4.2.24

Eine glückliche Begegnung, ein glänzendes Geschäft, eine entschiedene Tat, ein erlösendes Wort… Wohl jeder kennt Augenblicke, in denen das eigene Menschsein ganz, eigentlich, optimal, in Resonanz mit allem, was gerade möglich ist, erfahren wird. Es ist der Moment, in dem für die Antike der Gott „Kairos“ erscheint, in dem sich für den Dichter Zeit und Ewigkeit vereinen.

 

Ein solcher Kairos erscheint vielen wie ein „Wunder“, durch das eine höhere Macht plötzlich und einmalig in die Zeit tritt. Das kairologische Verständnis von Kairos geht darüber hinaus. Es kommt zu dem Ergebnis, dass jeder menschliche Zeitpunkt ein solches „Wunder“ ist.

 

Ein Kairos kann in vielerlei Gestalt auftreten und wahrgenommen werden. Nicht nur Kairos-Momente, sondern auch die alltägliche Arbeit, zu der jemand in stetiger positiver Beziehung steht, kann Ausdruck dafür sein.

 

Wo jahrhundertealte Rituale mit voller Hingabe vollzogen werden, wird ein Kairos gelebt. Hier ist man für die großen kulturellen Werte und geistigen Muster da.

 

Ein Kairos ist nichts, was abgrenzt von der Welt der anderen. Er ist auch nichts Zwanghaftes, sondern frei Machendes.

 

Schließlich zeigt sich ein Kairos in unendlich vielen Farben und Formen. Er kann als Engelsbotschaft, Vision, Stimme Gottes oder Wunder auftreten, als gemeinsame Geisterfahrung, Spruch des Gewissens, Kunstwerk, absolute Gegenwärtigkeit, als Kette von Sachargumenten, als Zwang von oben und unten.

 

Wozu dient er? Er will jeden Menschen verbinden mit der schöpferischen menschlichen Kraft, die ihn und die ganze Menschheit durchwirkt. Er will zum anderen die Erfüllung des Menschen, die darin besteht, dass er mit sich selbst und seiner Welt in eine maximale Beziehung kommt.

 

Es lohnt sich, die Wirklichkeit des Kairos in seinem Leben immer deutlicher zu erkennen.

 

Karl Hofmann

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