Kairos Inspirationen 2025/#51 – 19. Januar 2025
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Was bin ich denn, wenn es nicht möglich ist der Menschheit Krone zu erringen, nach der sich alle Sinne dringen?
Goethe Faust I
Wir haben, soweit möglich, die Unendlichkeit auf die Erde geholt. Un-endlich bedeutet, dass sie sich den Sinnen entzieht. Nichtsdestotrotz ist sie real.
Ich werde zum Beispiel am Handy nicht nur allgemein mit dieser unendlichen Wirklichkeit verbunden, sondern die Texte und Bilder von Nachrichten erscheinen real am Display oder mir wird zumindest angezeigt, dass sie da sind und in welcher Menge. Die Unendlichkeit hat gewissermaßen aber nicht nur eine individuelle Erkennbarkeit, sondern da ist noch ein drittes. Es ist eine gemeinsame erfahrene Unendlichkeit. Es gibt eine mobile Infrastruktur des unendlichen, einen Telekommunikationsraum, der ständig erzeugt wird.
Woher aber kommt eine solche Dreieinigkeit des Unendlichen? Ein großes Rätsel! Lange bevor es so real wurde, war es in den Köpfen, den Träumen und Sehnsüchten da. Ein Werner von Siemens, der die ersten Telegrafenleitungen legte, ein Edison oder Bell, die sich am ersten Telefon abarbeiteten, ein Zuse, der den modernen Computer erfand. Was trieb sie? Jeder tat etwas anders, aber alle strebten nach demselben: den Himmel auf die Erde holen, „der Menschheit Krone zu erringen“. Das Endliche, Beschränkende, Schwere, Mühsame überwinden.
Der Traum ist älter. Schon Goethe hat ihn vor Augen, wenn er schreibt, wie in ihm beim Anblick von Adlern und Kranichen eine tiefe Sehnsucht erwacht. „… Ach zu des Geistes Flügeln wird so leicht kein körperlicher Flügel sich gesellen. Doch ist es jedem eingeboren, dass sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt, …“ (Faust I).
Fast 250 Jahre später können wir mit dem Auge dem ganzen Lauf der Sonne durch den Tag und die Nacht folgen. Unsere Medien ermöglichen uns heute eine nahezu universale Vergegenwärtigung von allem, was geschieht. Wie die Menschen des Mittelalters in den Domen von Fenster zu Fenster wanderten und sich nicht satt sehen konnten an überirdischen Glasbildern und -geschichten, so zappen wir uns durch eine Fülle von Programmen am Fernseher oder Handy, und vergessen darüber die Zeit.
Diese Analogie ist nicht zufällig gewählt. Wir sind in unserem geschichtlichen System, das stets den Himmel auf die Erde holen wollte, jetzt, 2025, genau dort, wo unsere Vorfahren um ca. 1240 waren. Die damaligen Rundfunkanstalten waren die Kathedralen. Das damalige Internet war die gemeinsame geistliche Welt, eine Verbundenheit in einem Glaubensraum, an dem man so wenig zweifelte wie wir an der Existenz unseres weltweiten Telekommunikationssystems. Wie Goethe schon auf dem Weg zur realisierten Aufhebung aller Beschränkungen war, so war schon ein Anselm von Canterbury im elften Jahrhundert mit seinem Credo quia absurdum auf dem Weg zur Herrlichkeit der Kathedralen.
Wie ist es möglich, dass ein und dieselbe Idee einen tausendjährigen Weg zusammenhält? Die Idee, über das Unendliche zu verfügen. Woher kam dieser innere Druck, für den die Mönche sich aus der unmittelbaren lebendigen Natur zurückzogen in kalte und graue Wände von Klöstern und Kirchenräumen? Was trieb einen Faraday, eine Marie Curie, einen Tesla, einen Röntgen in die Einsamkeit der Labore, während draußen das bunte Leben an ihnen vorbei zog? Was beglückte sie dabei, während sie sich Gesundheit, Beziehungen und Leben ruinierten?
Über alle individuellen Motive und Verhältnisse hinaus verband sie ein unstillbarer Drang. Ein fast absoluter Drang nach Freiheit. Freiheit von Beschränkung, Freiheit von der Relativität des Lebens. Faraday wollte die Kraft der Elektrizität beherrschen, Curie die von sich aus leuchtende Energie, das Radium, nachweisen, Tesla die autonome Technik entwickeln, Röntgen das Unsichtbare sichtbar machen. Jeder etwas anderes, aber alle auf den einen fernen Punkt ausgerichtet: auf das Unendliche, das Unfassbare, das Göttliche der Natur, dessen man habhaft werden wollte. Sie glaubten alle, dass es möglich sei. Es bedarf nur einer großen gemeinsamen Anstrengung. Zuletzt wird möglichst vielen alles Schwere abgenommen sein. Dann nämlich, wenn die Energie der Natur uns dienen wird.
Sind wir nun fast dort, wo wir ankommen wollten? Fühlen wir diese himmlische Erfüllung? Oder …? Hat sich dieser Weg gelohnt? Ich glaube, es ist eine sinnlose Frage. Ein Teil der Menschheit hatte diese und keine andere unbewusste kollektive Berufung. Er hat sie in verschiedenen Varianten realisiert. Heute brennt nur noch in wenigen genau dieses Feuer. Diese Wenigen träumen noch von einer absoluten Autonomie. Die meisten von uns profitieren von den Ergebnissen, sehen aber gleichzeitig, wie sich die erträumte Freiheit in neue Gefängnisse verwandelt. Die besten spüren vielleicht auch noch etwas von der Tragik, die diese ungeheure Anstrengung durchzogen hat.
Karl Hofmann
Bitte vormerken:
„Macht und Zeit. Die Weisheit der menschlichen Lebenskräfte“. So lautet der Titel des neuen mehrteiligen online-Seminars, das am 27. Februar 2025 starten wird. Darin werde ich auch genauer auf die Lage 2025 eingehen. Weitere Informationen dazu in Kürze.
Kairos Inspirationen 2025/#50 – 12. Januar 2025
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Fast die ganze Klugheit besteht darin, daß man das Maß der Wahrscheinlichkeiten richtig wisse. Der Weisheit Hauptregel ist, daß nach dem richtigen Urteile der Wahrscheinlichkeit muß gehandelt werden.
Johann Bernhard Basedow
Die traditionelle Deutung des menschlichen Potenzials geht davon aus, dass bei einem, der eine bestimmte Ausbildung hat, der Wert dieser Ausbildung mit 30 genauso wie mit 35 gilt. Lernen heißt, sich etwas Bestimmtes anzueignen, was ich danach besitze. Sofern man den Faktor des Vergessens berücksichtigt, und das Fehlende auffrischt oder wiederholt, bleibt diese Kompetenz erhalten. Man nimmt genauso an, dass jemand, der ein Zertifikat erlangt hat, dies auch schätzt oder es angestrebt hat, weil es ihm wichtig war. In all diesen Fällen spielt eine Zeit des Menschen keine Rolle. Jeder sei zuletzt die Summe oder Wirkung dessen, was er in seinem Leben erfahren oder gemacht hat.
Und doch machen wir praktisch die Erfahrung, dass Kompetenzen und Zertifikate auch in der Schublade verschwinden können. Manchmal rätseln wir, warum das so war oder ist. Steht dahinter nicht häufig die Annahme: etwas ist oder es ist nicht. Etwas ist möglich oder es ist real. Entweder du weißt etwas oder du weißt es nicht. Das Problem unseres Verstandes ist, dass es sich von sich aus von diesem Computermuster 0 oder 1 nicht lösen kann.
Das Rätsel lässt sich lösen, wenn wir unseren Kairos mitbedenken. Tiefer als unsere rationalen Entscheidungen oder bewussten Lernprozesse gehen die menschlich-energetischen Prozesse. In Wirklichkeit existiert für den Menschen zwischen Möglichkeiten und Wirklichkeit immer ein Drittes, seine Wahrscheinlichkeiten.
Auf der Ebene der Wahrscheinlichkeit können sich A und B überlagern. Wer zum Beispiel aufmerksam ist, kann mit 39/40 Jahr spüren, dass sich irgendetwas geändert hat. Er oder sie hört zum Beispiel auf etwas, was bisher nicht interessiert hat. Eine Schlagzeile bleibt hängen, eine Idee kommt hoch. Aus einem „ich könnte“ wird ein „ich würde gern“. Dann, in diesem Fall sehr wahrscheinlich um das Alter von 42, steht ein „ich will“ da. Du bist vielleicht bereit, deinen Job zu wechseln, etwas Neues systematisch anzugehen, dich für eine höhere Position zu bewerben, dich beruflich oder privat unabhängiger zu machen. Oder aber auch: Du fühlst dich immer unzufriedener, weil du dich nicht traust, einen Schritt zu tun, den dir dein Inneres klar nahelegt.
Was ist auf diesem Wege geschehen? Ein energetischer Vorgang. Es geschah etwas auf einer Zwischenebene, wo die Wahrscheinlichkeiten menschlichen Lebens zu Hause sind. Und die Führung dieses Prozesses hatte der Kairos. Er führte im Rahmen dieser Kairos Lebensphase dich gemäß seiner eigenen Zeitbewegung von einem kaum wahrnehmbaren Impuls zu einer neuen Realität.
In jeder Kairos Lebensphase läuft das so. Der äußeren Form nach immer anders, der zeitlichen Bewegung nach immer gleich. Von diesen Vorgängen wissen wir gewöhnlich nichts. Darum als kleiner Tipp: Schau beispielsweise einmal zurück auf das, was sich bei dir mit etwa 22 oder 28/29 oder 35 oder 41/42 oder 48 Jahren verändert hat. Neue Entschlüsse? Abgrenzungen? Aktionen? Oder Gefühle starker Enttäuschung, weil Manches nicht zu machen war?
Wer besser versteht, welche menschlichen Energien welcher Zeitlogik mit welcher Stärke und Zielausrichtung folgen, kann ganz anders bewusst leben. Und manches, was rätselhaft, unerwartet, wunderbar oder schicksalhaft erscheint, wird leichter nachvollziehbar. Wer einmal gelernt hat, auf diese Ebene der Wahrscheinlichkeiten zu achten, auf der sich das „noch nicht“ und „nicht mehr“ unseres Lebens abspielt, der wird mit sich und anderen anders umgehen. Es ist gut, sich mit seiner Zeit anzufreunden. Sie ist unser eigentliches Maß der Lebensbewegung und damit auch das Maß unserer Erfüllung.
Karl Hofmann
Bitte vormerken:
„Macht und Zeit. Die Weisheit der menschlichen Lebenskräfte“. So lautet der Titel des neuen mehrteiligen online-Seminars, das am 27. Februar 2025 starten wird. Darin werde ich auch genauer auf die Lage 2025 eingehen. Weitere Informationen dazu in Kürze.
Kairos Inspirationen 2025/#49 – 05. Januar 2025
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Altern heißt, sich über sich selbst klar werden.” – Simone de Beauvoir
Es ist so leicht, über den täglichen Eindrücken, Informationen, Problemen die großen Linien und Transformationen unseres Lebens aus den Augen zu verlieren. Ein Bild mag uns helfen, das besser zu verstehen. Wir sehen, wenn es regnet. Wir sehen nicht, wie sich vorher der Luftdruck entschieden verändert hat. Die Tropfen, die wir spüren, sind die letzten Konsequenzen aus Veränderungen, die in der Stratosphäre ablaufen. Wenn wir über das Wetter reden, so sind wir also oft nur auf der äußersten Ebene des Wettergeschehens. Oder nicht einmal dort, sondern nur bei unserem aktuellen Empfinden.
In der Stratosphäre des Menschen ändert sich um das 52. Lebensjahr ungemein viel. Eine 26-jährige Strömung wechselt wesentlich die Richtung. Bis dahin hat jeder von uns vier Stufen eines bestimmten Transformationsprozesses durchlaufen. Wie sich die Kräfte des Werdens zwischen 19 und 25 Jahren endgültig ausformen, so in der folgenden Zeit die Kräfte des eigenen Gestaltens.
Das bis dahin letzte menschliche Energiefeld in diesem Lebensaufbau hatte mit 45 Jahren begonnen. Mein Tun will in der achten Kairos Lebensphase endgültig bei mir ankommen. Ich suche die Selbständigkeit und Unabhängigkeit in meinem Handeln. Mich stört es massiv, wenn meine inzwischen gewonnene Kompetenz nicht anerkannt wird, sei es privat, sei es beruflich. Anders gesagt: ich kämpfe dafür, dass ich in dem, was ich für richtig halte oder praktisch tue, so wenig wie möglich eingeschränkt werde.
Man neigt in dieser Phase dazu, maximal zu funktionieren. Das durchdringt alles, Familie, Urlaub, Arbeit, Freundschaften. Nicht wenige überarbeiten oder erschöpfen sich, wenn ihre Vorstellungen zu Zwangsvorstellungen werden. Und manche menschliche Beziehung, die bis dahin als segensreich empfunden wurde, wird nun täglich lästiger. Ob dies im Dauerstreit oder in der Trennung endet, hängt dann von vielen weiteren Faktoren ab.
Auf jeden Fall wird mit fast 52 Jahren der Höhepunkt dieser Entwicklung überschritten. Die neunte Kairos Lebensphase (ca. 52-58 Jahre) bringt eine Neuausrichtung. Bis dahin hatte man alle Kräfte für die Tradierung, Ausdehnung, Weltgestaltung und –eroberung eines eigenen Lebensraums eingesetzt. Von nun an meldet sich immer stärker innerlich der Drang, vieles loszulassen. Für diese wesentliche Veränderung gibt es auch manche äußere Anzeichen. Die weibliche schöpferische Kraft geht sichtbar zu Ende (Menopause), die männliche, oft verborgener, genauso. Große Kulturen sahen hier immer schon einen Generationswechsel. Das Judentum spielte mit der Zahl 50, die Maya mit der 52.
Das Sicherheitsbedürfnis, die Machterhaltung, die Berufung auf seine Erfahrung, die Ablehnung weiterer Lernprozesse nimmt nun zu. Gleichzeitig wächst das Bedürfnis nach ganzheitlicher Ausreifung der eigenen Persönlichkeit. Die Frage nach dem Sinn des Geleisteten kommt auf, die Sehnsucht nach neuen Beziehungen. Die Selbstverständlichkeit, mit der man früher lebte, schuf, kämpfte, verliert sich. Stattdessen tritt die Bewertung der Wirklichkeit, die man lebt und in der man lebt, in den Vordergrund.
In neuer Weise tauchen Fragen auf wie: Was war und ist wirklich sinnvoll von dem, was ich aufgebaut, geglaubt, gewünscht habe? Wer bin ich eigentlich? Was erfüllt mich wirklich? Welche Seiten meines Wesens sind noch unentwickelt?
Diese Fragen stellen sich nicht immer direkt. Oft erkenne ich sie in meiner Reaktion auf das, was andere, so zum Beispiel die Kinder, entscheiden und machen. Oder mich stören auf einmal Strukturen und Verhaltensweisen des Unternehmens, für das ich bisher selbstverständlich gearbeitet habe. Auf der anderen Seite zieht es mich vielleicht zu Veranstaltungen, Büchern oder Beziehungen, die mich bisher nicht interessiert haben.
Wer darum weiß, kann frühzeitig die Zeichen wahrnehmen, die die veränderte Beziehung zum Leben verdeutlichen. Spätestens gegen die Mitte der neuen Kairos Lebensphase (ca. 55 Jahre) wird das Neue bewusst. Ob sich das Neue darstellt als bewusste Annahme der Dauerhaftigkeit des schon bisher Gelebten oder als eine mehr oder weniger starke Korrektur, hängt von sehr ursprünglichen Beziehungskräften ab. Die Grundlinien für die nächsten mehr als 20 Jahre zeichnen sich ab. Darum ist es auch noch viel später wertvoll, sich dabei helfen zu lassen, den Kern der eigenen Veränderungen wirklich zu verstehen und von nun an bewusster weiter zu gehen.
Karl Hofmann
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„Macht und Zeit. Die Weisheit der menschlichen Lebenskräfte“. So lautet der Titel des neuen mehrteiligen online-Seminars, das am 27. Februar 2025 starten wird. Darin werde ich auch genauer auf die Lage 2025 eingehen. Weitere Informationen dazu in Kürze.
Kairos Inspirationen 2024/#48 – 29. Dezember 2024
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Europa verpasste in den Jahren 2007 und 2008 zum wiederholten Male den Kairos.
Karl Theodor zu Guttenberg
Ein neues Jahr kommt auf uns zu. Viele empfinden, sich irgendwo auf einem stürmischen Ozean der Geschichte zu befinden. Die einen sehen sich auf einem großen Schiff, das zwar schwankt, aber auf dem sie hoffen, sicher durch die Bedrohungen der Zeit zu kommen. Andere fürchten den Dritten Weltkrieg, den Verlust von Geld, den tödlichen Angriff wilder Haie, während sie sich in einem sehr unsicheren Boot wähnen. Angst, Furcht, Hoffnung und scheinbar unberührbare Distanz begegnen uns.
Was aber können wir zum Neuen Jahr wissen? Lässt sich sagen, wo auf dem historischen Meer wir sind? Oder nur sagen: wir wissen nichts über die Zukunft und damit auch nichts über die Entwicklung des neuen Jahres? Oder darf man sagen: ich glaube zu wissen, was kommt; ich habe diese oder jene Prophezeiungen gelesen, und alles traf doch ein, was da schon früher vorhergesehen wurde, oder: ich habe mein Horoskop studiert, oder, rationaler, ich verlasse mich auf die wissenschaftlichen Prognosen?
Jedem bleibt es unbenommen, sich an die Sterne oder die aktuellen Zeit-Propheten zu halten oder an jene, die im Ausguck sitzen. Moderne Schiffe aber sind anders unterwegs. Sie fahren mit Navigationssystemen. Auch im Dunkeln und im größten Sturm wissen sie, wo sie gerade sind und was demnächst zu erwarten ist. Sie kennen die Wahrscheinlichkeiten des Wetters, weil ihr Radar das ganze Feld im Blick hat, das sie betrifft.
Ist solches auch für die geschichtliche Bewegung möglich? Viele von uns werden das kategorisch bestreiten. Wie viele Zufälle und unerwartete Ereignisse heben nicht jede Kausalität auf! Deren Existenz ist nicht zu bestreiten. Und dennoch können wir bei jedem von uns deutliche Lebenskurven und Zukunftswahrscheinlichkeiten bestimmen. Genauso kann jeder von uns zumindest grob die Geschichte in Kulturen und Epochen einteilen und gewisse logische Entwicklungen feststellen.
Aber so wenig, wie ich mit dem Auge feststellen kann, wo genau unsere Sonne sich in der Milchstraße befindet, so wenig kann ich durch die Beobachtung von Fakten erfassen, wo wir geschichtlich sind. Der Astronom braucht dafür den Astrophysiker, der Historiker braucht dafür jemanden wie den Kairologen. Jener beschäftigt sich mit den physikalischen Felder des Kosmos, dieser mit den energetischen Feldern der Geschichte, die wir im historischen Kairos erfahren.
Die Kairologie hat wesentliche Erkenntnisse zum aktuellen historischen Energiesystem gewonnen, zu seinen verschiedenen historischen Feldern und Vernetzungen. Darin hat das Jahr 2025 einen bestimmten Platz. Dieses jetzt im Detail zu erläutern, würde natürlich den Rahmen dieser Inspiration springen. Mir ist durchaus bewusst, dass kurze Statements die Gefahr enthalten, die Komplexität zu sehr zu reduzieren oder gar banal zu wirken. Wenn ich mir also trotzdem erlaube, einige Andeutungen zu machen, bitte ich um Nachsicht.
2025 befinden wir uns fast in der Mitte einer Transformation der Weltgeschichte, wie sie nur alle fast 400 Jahre analog abläuft. Die führt uns unter anderem zur letzten großen Analogie, zurück in den dreißigjährigen Krieg (1618-1648). So ist gegenwärtig etwa der Kampf der Hugenotten gegen das Königtum oder des universalen Katholizismus gegen den personenbezogenen Protestantismus auf einer neuen Stufe der Entwicklung wieder aktuell.
2024 hat gezeigt, dass jene Kräfte, die seit langem daran arbeiten, das bisherige Staaten- und Gesellschaftssystem zugunsten einer neuen Weltordnung zu überwinden, von verschiedenen Seiten auf größere Widerstände stoßen, als sie erwartet haben. Gerade deshalb aber wird dieser Kampf um eine neue Art von Weltherrschaft 2025 noch verbissener fortgesetzt werden. Ein wesentliches Schlachtfeld wird Europa mit seinen Nationalstaaten sein. Wer bisher wenig von diesem, zunächst recht abstrakt erscheinenden Ringen mitbekommen hat, wird sich in diesem Jahr auf manche unangenehme Überraschungen gefasst machen müssen. Die „alte“ Freiheit und Sicherheit des Wohlstands wird auf vielen Gebieten angegriffen werden. Zugleich wird sich der Widerstand wesentlich entschiedener als bisher formieren.
Das ist keine Schwarzmalerei, sondern folgt logisch aus der historischen Analogie der Kräftedynamik. Nirgendwo auf der Welt werden wir im kommenden Jahr eine dauerhafte Befriedung finden. Zuletzt werden alle Konfliktherde gemeinsam geregelt werden müssen. Davon aber sind wir noch mehr als zehn Jahre entfernt.
Die Zuversicht, mit der wir trotzdem in das Jahr 2025 gehen, schöpfen wir aus der Kraft von uns Menschen, mit jeder Lage schöpferisch umgehen zu können. Achten wir vor allem auf die Zeichen, die Neues ankündigen und uns zu einem ursprünglicheren Menschsein zurückführen wollen.
In diesem Sinne ein gutes neues Jahr uns allen!
Karl Hofmann
Bitte vormerken:
„Macht und Zeit. Die Weisheit der menschlichen Lebenskräfte“. So lautet der Titel des neuen mehrteiligen online-Seminars, das voraussichtlich am 27. Februar 2025 starten wird. Darin werde ich auch genauer auf die Lage 2025 eingehen. Weitere Informationen dazu in Kürze.
Kairos Inspirationen 2024/#47 – 22. Dezember 2024
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Lasst uns nach Bethlehem gehen …
Lukas 2,15
Wem ist es schon aufgefallen, dass zwei Evangelisten hinsichtlich Weihnachten eine narrative Arbeitsteilung gemacht haben? Lukas erzählt von den Hirten, die das Kind in der Krippe bestaunen. Matthäus lässt Magier bzw. Könige aus dem Morgenland ihre Gaben bringen. Ein einziges Ereignis, von zwei wesentlich verschiedenen Seiten her betrachtet: von unten und von oben. Aus der Perspektive von Menschen, die ihr einfaches Leben leben, und aus der Perspektive von Menschen, die eine bedeutende geschichtliche Stellung innehaben.
Kairologisch gesprochen: in einem Punkt (Jesuskind) vereinen sich mikro- und makrohistorische Bewegung. Symbolisch. Der Gedanke lässt sich weiter entfalten: Jeder von uns geht den Weg seiner Kairos Lebensphasen. Jeder von uns ist Teil eines geschichtlichen Prozesses. Jedes Leben ist individuell und kollektiv, persönlich und sozial. Es kennt einen eigenen Geist und so etwas wie einen Zeitgeist.
Das Bewusstsein dieser Polarität zeigt sich in vielen Gestalten. Das Christentum unterscheidet zwischen Christus und Jesus, die Wissenschaft zwischen Geschichte und Biografie, die Autowelt zwischen Autofahrer und Verkehr, die Mathematik zwischen Integral und Differenzial, die Esoterik zwischen dem Großen und dem Kleinen …
Wie aber sind beide Pole genau aufeinander bezogen? Die einen sehen den Zeit-Geist als Summe dessen, was viele Menschen empfinden. Andere sehen ihn als eine vom Menschen unabhängige Qualität, die als Vorsehung oder Schicksal oder historische Gesetzmäßigkeit gedeutet wird und der jeder Mensch, ob er will oder nicht, unterworfen ist.
Nach Jahrzehnten, in denen die Menschen den Weltenlauf eher als Produkt der Ideen, Gefühle und Leistungen von Menschen gedeutet haben, hat sich offenbar der Wind gedreht. Im Vordergrund steht jetzt ein objektiver Anspruch an alle, der sich in einer Reihe von Dogmen vergegenständlicht. Es wird wieder zwischen Gläubigen und Ungläubigen unterschieden. Der Eindruck wird vermittelt, dass es einen höheren Willen gebe, dem sich alle unterwerfen müssen. Wer es nicht tut, wird mit dem Recht verfolgt oder verliert Arbeit und Position. So wertet zu ihrer Zeit auf vielerlei Weise die eine die andere Seite ab.
In beiden Fällen ignoriert man ein ungeheures Problem. Es ist gleichsam ein namenloses Problem, obgleich es klar und genau allgemein bezeichnet werden kann. In der Geschichtswissenschaft heißt es der Zeitgeist, eine Größe, der man durch keine Messung restlos beikommen kann. In der Psychologie heißt es das Irrationale, Intuitive, Kreative. Die besten Geister ringen seit Jahrhunderten damit. Wie genau verhält sich das eine zum anderen?
Angesichts dieses scheinbar unlösbaren Problems müsste jeder staunen über das, was ihm holzschnittartig auf einer Kairosuhr gezeigt wird. Die wenigsten tun es. Dabei wird hier einem nicht nur gesagt, dass das Große der Geschichte dem kleinen menschlichen Leben entspricht, sondern wie das der Fall ist. Vielleicht denken manche: Ein netter neuer Versuch der Kairologie, ein unlösbares Problem zu lösen. Ehren wir den, der sich soviel Mühe dafür gegeben! Wir stellen es am besten neben die anderen Werke, in denen es versucht wurde.
Wen die Frage nach dem ureigenen Sinn im Ganzen aber noch bewegt, der bleibt nicht kalt davor stehen. Er wird zuerst staunen. Und dann viele Fragen stellen. Und aus den Antworten die Gewissheit gewinnen, einen einmaligen Platz in einem größeren geschichtlichen Ganzen einzunehmen.
Ihm wird wohl gleichzeitig eine doppelte Relativierung bewusst. Die Dogmen von heute sind nicht so absolut, wie sie von sich selbst behaupten. Sie sind dem historischen Kairos unterworfen. Genau so wenig erhalten die Fakten, Einbildungen, Gefühle und eigenen Leistungen von sich aus schon den Sinn, den man ihnen zuschreibt. Vielmehr sind sie darauf bezogen, inwiefern einer dabei auf seinen Kairos geachtet hat, der ihn auf ein größeres Ganzes bezogen sein lässt.
Jeder von uns ist Hirte und Magier. Die Einheit beider liegt in einem Dritten. Wir haben alle unser Bethlehem.
Karl Hofmann
Dezembergespräch Kairos Inspirationen – 19. Dezember 2024, 20 bis 21:30 Uhr
Dezembergespräch Kairos Inspirationen
Einladung der Deutschen Kairosgesellschaft
zu einem Zoom-Austausch
zu den Kairos Inspirationen des Dezembers 2024
am Donnerstag, 19. Dezember, 20 bis 21:30 Uhr
Themen:
Kairos und das ewige Leben
Kairologie und Jungfrauengeburt – 4 Transformationsstufen der Entwicklung
Kairosuhr und andere Hilfsmittel
Link: https://zoom.us/j/98889292111?pwd=ovrLUMJZAeHAbIsZ5UOt8OI1jhQoNo.1
Karl Hofmann
Kairos Inspirationen 2024/#46 – 15. Dezember 2024
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Das größte Vergnügen ist die Möglichkeit, anderen zu helfen, damit sie sich selbst weiterhelfen können. Im Schenken von Geld liegt wohl eine gewisse kleine Genugtuung, aber die größte Befriedigung besteht darin, seinen Mitmenschen die Möglichkeit zu geben, unabhängig zu werden.
Harvey S. Firestone
Was soll ich nur zu Weihnachten schenken? Hast du einen Tipp für mich? – So fragte mich kürzlich eine Bekannte.
Was wünscht du dir eigentlich?, fragte ich zurück. Käme es dir darauf an, dass das Geschenk etwas Einmaliges für den Beschenkten darstellt, etwas nur auf diese Person Zugeschnittenes? Soll es ihm helfen, die Tiefe seines eigenen Lebens und der dazugehörigen Welt wirklich besser zu verstehen? Soll der Empfänger gar etwas erhalten, von dem er gewöhnlich glaubt, dass es das nicht wirklich geben kann? Soll das Geschenk im Idealfall also persönlich, bedeutungsvoll, unerwartet und ungewöhnlich sein.
Ihre Augen leuchteten. Ja, sagte sie, das wäre ihr echt etwas wert. Dann erst empfahl ich ihr: Schenke eine große Kairosuhr zur Wandaufhängung! Oder einen persönlichen Kairos Kalender für 2025! Oder am besten beides. Du kannst auch ein Abo für eine App schenken, mit der man sich jederzeit für sich oder andere die aktuelle Kairos Konstellation anzeigen und ausdrucken lassen kann. Zu allem erhält die beschenkte Person auch Erläuterungen, Vertiefungen, Anregungen.
Diese Geschenke sind nicht nur schön. Sie wecken bei anderen nicht nur Neugier und manche Fragen. Sie sind sehr nützliche praktische Hilfsmittel. Wir sind vertraut mit den üblichen Uhren und Kalendern, aber ahnen gewöhnlich nur den Rhythmus und die tiefere Logik der menschlichen Zeitkräfte, die in uns wirken. Wer hingegen die Welt des Kairos entdeckt hat, für den wird das Bewusstsein seiner ureigenen menschlichen Zeit immer wichtiger. Du möchtest diese Welt, die sich dir ja als deine eigene Welt erweist, immer mehr in deine tägliche Wahrnehmung integrieren.
Wer dies tut, wird viele Phänomene des Lebens neu betrachten lernen. Nicht zufällig fühlt eine 30-jährige, dass sie nicht mehr in die Disco passt. Nicht zufällig will man in diesem Alter auch nicht mehr bei den Eltern leben, sondern sein eigenes Reich begründen. Oder du verstehst vielleicht auch besser, warum jemand mit 40 anfängt, seinem Leben eine eigene vernünftige Ordnung zu geben. Oder dir wird klar, warum du dich mit 50 nur wirklich dann wohl gefühlt hast, wenn du in deinem Rahmen eine maximale Eigenständigkeit und Unabhängigkeit in deinem Reden und Tun erreicht hattest.
In unterschiedlicher Weise wirken all die genannten Instrumente wie unterschiedliche Navigationsgeräte. Ein gewöhnliches Navi führt dich optimal durch deinen Raum, das Kairos-Navi führt dich optimal durch deine Lebenszeit. Es geht davon aus, dass jeder von Gefühlen, Gedanken und Handlungen erfüllte Lebensraum zurück gebunden ist an eine Konstellation der menschlichen Zeit, die wir traditionell Kairos nennen. Diese sich wandelnde energetische Konstellation folgt einer Ordnung. Und dennoch zeigt sie bei jedem etwas anderes an. Denn jeder von uns hat einen einmaligen Startpunkt seiner Quelle und ihrer Kraftentfaltung.
Kairos entspricht dem Menschen in seinen verschiedenen Dimensionen der Entfaltung. Und daher ist auch die Darstellung einer Kairos Uhr etwas komplexer als eine Wanduhr. Sie hat aber ebenfalls zwei Zeiger. Einen großen für den Weg durch die „Stunden und Minuten“ der Kairos Lebensphase, der sich ständig verändert. Einen kleineren für die „Stunde“ der historischen Generation, in der der einzelne feststeht wie die Sonne in ihrer sich bewegenden Galaxie.
Eine Kairos Uhr spricht speziell über mich und zu mir. Sie sagt mir, dass und wo ich im Ganzen bin und werde. Dieses menschliche Ganze ist ein so vielfältiges und vielschichtiges Gebilde wie der Kosmos selbst. Dennoch vermag es mir eine genaue zeitliche Standortbestimmung zu geben. Ich habe einen einmaligen Platz im Geschichtsraum. Zugleich bin ich wesentlich in einer geordneten Bewegung. Ich zum Beispiel sehe an meiner Kairos Uhr gerade, dass ich in der elften Kairos Lebensphase (64-71 Jahre) bin und darin bei etwa siebzigeinhalb Jahren am Übergang von Lebensquant acht auf neun.
Über die Arbeit mit dem Kairos Kalender kann ich diesen „Ort“ genau heranzoomen, herunterbrechen auf Mondmonate, Wochen und Tage. Ich kann also täglich bewusst den Weg gehen. Wie ich das machen kann, sagt mir zum Beispiel das Booklet zum Kairos Kalender.
Ich kann heute all diese „Produkte“, die in gemeinsamer Arbeit entstanden sind, jedem empfehlen, der oder die danach sucht, sein Menschsein tiefer zu verstehen und zu leben. Wer sie täglich für sich selbst nutzt, dessen Wahrnehmung seines Lebens und der Gesellschaft wird sich verändern. Du wirst damit aber auch andere Menschen überraschen und zugleich herausfordern.
PS: Bitte bei Interesse diesen „Kairos Produkten“ Kontakt aufnehmen mit Gerd Xeller https://xeller.info/ oder Werkzeuge – Xeller Training wegweisend. zielsetzend..
Bitte bei Interesse vormerken:
Die Deutsche Kairosgesellschaft lädt zu einem Zoom-Austausch zu den Kairos Inspirationen des Dezembers 2024 am Donnerstag, 19. Dezember, 20 bis 21:30 Uhr. Der Link wird in Kürze verschickt.
Karl Hofmann
Kairos Inspirationen 2024/#45 – 08. Dezember 2024
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Die Gabe der mentalen Kraft kommt von Gott, dem Göttlichen Wesen, und wenn wir unseren Geist auf diese Wahrheit einstimmen, werden wir im Einklang mit dieser grossen Macht sein.
Niklas Tesla
Es geht an Weihnachten nicht bloß um ein Christkind. Es geht um jedes Kind auf der Welt. Weil wir aus einer Mutter hervorgehen, haben wir einen Leib, ein körperliches Kommunikationssystem mit der Welt. Wir bilden ein biologisches System, das genau so ist, wie es ist, weil es nur so einer anderen Dimension entsprechen kann, die wir Geist nennen. Der Geist ist nicht etwas, was vom Vater kommt. Sonst müsste man ja annehmen, dass die Mutter ohne Geist sei. Der Geist kann auch nicht aus dem Samen des Vaters entstehen; denn der ist genauso biologischen Ursprungs wie das Ei der Mutter.
Wie also wollen wir es fassen, dass jedes gezeugte Menschenkind ein Geist-Leib-Wesen ist? Das Neue Testament spricht von einer jungfräulichen Geburt. Das deutet an, dass der Geist nicht vom Manne kommen kann. Wenn wir sagen, dass Jesus irgend einen Erzeuger voraussetzt, dann ist das keine Wahrheit, sondern nur ein banales Faktum. Es wäre aus meiner Sicht nicht notwendig, die Aussage von Markus 3,31 oder Matthäus 13,55 wegzudiskutieren, dass Jesus vier Brüder und einige Schwestern hatte. Das hebt in keiner Weise die Jungfräulichkeit auf, wie sie in dieser Schrift gemeint ist. Will ich mir etwas geschichtlich vorstellen, dann ist der Verkündigungstext bei Lukas aus meiner Sicht ein guter Weg: …Wie soll das geschehen …? – Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten …“ Lukas 1,34f.
Wo in anderen Gesellschaften die Frage sich nach dem Besonderen des Menschen gestellt wurde, kam man in ähnlicher Weise auf den Gedanken einer Jungfrauengeburt. Die spannende Frage ist also: Was unterscheidet dieses biblische Reden von den früheren, von denen es gerne abgeleitet wird? Die Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass aus diesen eigenartigen Anfängen ein großes spezifisches kulturelles System erwuchs. Es reichte über das frühe Christentum mit seinen verschiedenen Varianten, über die parallele Entwicklung des Judentums, über die Entstehung von Orthodoxie hier und Islam dort, bis hin zu den Amerikanern jenes Systems, dem Aufstieg der türkischen Osmanen.
Die Beweisführung im Neuen Testament für das radikal Neue des kulturellen Selbstverständnisses mittels der Erzählung von Verkündigung und Jungfrauengeburt findet sich nur bei Lukas und Matthäus. Markus braucht diese Geschichte noch nicht, Johannes nicht mehr. Und selbst in der abendländischen Kirche wurden diese Glaubensvorstellungen erst 1854 dogmatisiert, als Reaktion auf die Verabsolutierung der biologischen Sichtweise.
Das Neue Testament legt viel mehr Wert darauf, dass das Werden des menschlichen Geistes, der den Menschen die bewusste Beziehung zu dem Ganzen ermöglicht, weder bloß individuell noch bloß kollektiv zu verstehen ist. Beides ist eins, wogegen es im Bewusstsein jeweils in eine der beiden Vorstellungswelten zerfällt (Lukas: individuell, Matthäus: kollektiv)
Beides durchläuft dieselben Transformationsstufen der Vorbereitung. Denn die Existenz eines jeden von uns setzt die ununterbrochene Generationskette der ganzen Menschheit wie auch die Kette von bestimmten Entwicklungsschritten der Eltern voraus. Ein großes Kultursystem hat im Prinzip vier Vorstufen, ehe die Vereinigung von oben und unten geschehen kann. Für die Bibel sind das vier Bünde Gottes mit den Menschen: der Noah-Bund, der Abraham-Bund, der Mose-Bund und der David-Bund. Von Bund zu Bund wird diese Beziehung zwischen Gott und der Menschheit weniger mythisch, mehr geschichtlich.
In gleicher Weise setzt die Entstehung des Menschen idealerweise den Weg der Eltern durch vier Transformationsstufen der Entwicklung der inneren Einheit voraus. Sie haben die Kraft ihrer Erfahrung von Liebe, Glaube, Hoffnung und Sinn zu sammeln und zu speichern. In dem Maße, in dem dies geschieht, können sie einem Kind oder mehreren optimale Eltern sein.
Wir erlauben uns hier, einen komplexen und in der Praxis unvollkommenen Vorgang auf seine wesentlichen Konstanten zu reduzieren. Mein Anliegen ist es, auf eine doppelte gleichartige Verwandlung hinzudeuten. Sie ist Voraussetzung dafür, dass ein neues „Licht“ persönlich und im Großen wirklich werden kann.
Die vier Adventssonntage wollen genau diese vier Schritte vergegenwärtigen, an deren Ende eine Geburt gefeiert werden kann, die im Kern vom Himmel bis zur Unterwelt reicht und in der Folge allmählich in Geschichte verwandelt wird. Ein solcher Blick widerspricht nicht den Ahnungen, die sich verstecken im Plätzchen-backen und Geschenke-besorgen. Er führt aber vielleicht manche zurück zu den tieferen Ursprüngen gewisser Bräuche, Geschichten und Rituale.
Karl Hofmann
Kairos Inspirationen 2024/#44 – 01. Dezember 2024
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…Im Tod ist das Leben.
Aus einem religiösen Lied
Ich habe gelernt, das christliche Glaubensbekenntnis zu sprechen. Dort heißt es am Ende: Ich glaube an … das ewige Leben.
Glaube ich das wirklich? Müsste ich nicht zuerst wissen, was damit überhaupt gemeint ist? Am Ende, so heißt es, bist du, gereinigt, sein bei Gott, oder räumlich gedacht, im Himmel, oder zeitlich gedacht, im ewigen Leben.
Was willst du mit solchem Unsinn anfangen?, fragte mich ein Gesprächspartner. Wie können Religionen behaupten, dass der Tod zu überwinden, dass er eher ein Bild als ein realer Vorgang sei? Wie kann ernsthaft an eine „Auferstehung“ geglaubt werden, auch wenn der Körper offensichtlich zu Staub zerfällt? Wie kann sogar von einem ersten und zweiten endgültigen Gericht die Rede sein? Ist das alles nicht eine Summe von Verrücktheiten, Wunschvorstellungen, Illusionen, Projektionen?
Ist es nicht nur naheliegend, sondern sogar notwendig, mit allem, was wir haben, darauf zu setzen, möglichst lange dem Verschwinden und Vergessenwerden zu entgehen, alles dafür zu tun, gesund zu bleiben, zu genießen, Schätze anzusammeln, auf die man notfalls auch zurückgreifen kann?
Seltsamerweise verbindet sich mit solchen Gedanken meist eine verborgene Angst. Wie kann ich mit dem Verdacht gut leben, dass zwar vieles im Einzelnen sinnvoll erscheint, aber die Sinnlosigkeit des Ganzen zuletzt ein fettes Minus vor die Gleichung des eigenen Lebens und der Existenz der Menschheit setzt?
Für mich hat heute die Antwort auf die Frage nach einem Leben nach dem Tode bei dem Verständnis von „Leben“ anzusetzen. Ist Leben wirklich das, was wir sehen, fühlen, denken, haben? Ist es nicht vielmehr vom ersten Moment an ein In-Beziehung-gehen? Jeder von uns ist doch wesentlich, indem er immer wieder neu mit seiner Wirklichkeit in Beziehung tritt. Immer geht es für uns um ein Ja oder Nein.
Ich glaubte zum Beispiel lange, dass jeder Mensch essen und trinken muss, bis mir Menschen begegneten, die von Lichtnahrung lebten. Also: er muss nicht. Selbst zum Essen kann man Nein sagen. Oder persönlicher: Nach einem tiefen Streit kann ich die Beziehung zum anderen aufgeben oder fortsetzen.
Wir sind also, indem unser Verhältnis zu uns selbst, zu anderen, zu unseren Informationen immer im Werden ist. Ein Ja kann sich an diesem oder jenem Punkt in ein Nein verwandeln oder umgekehrt. Allgemeiner gesagt: Mein Leben ist die Summe meines In-Beziehung-Seins. Dieses In-Beziehung-sein ist noch weniger auflösbar als eine Information im Internet. Es ist nicht bloß mit der Kraft verbunden, die aus den Elementen der Natur erwächst, sondern mit der schöpferischen Beziehungskraft, die aus dem Wesen und der Geschichte der menschlichen Natur erwächst.
Jeder, der an diesem Prozess beteiligt ist, empfängt und schafft Bedeutung, und ist so selbst bedeutsam. Diese Bedeutsamkeit, die ich in Kairos Momenten manchmal auch ganz konkret erfahren kann, verschwindet nicht dadurch, dass ich sie im Tode nicht mehr schöpferisch fortsetze. Sie wird vielmehr zum dauerhaften Bestandteil des Weges der größeren Beziehungssysteme der Menschheit. Sie wird nicht nur – mehr oder weniger sichtbar – weitergetragen, sondern auch verwandelt. Die Kinder, die Enkel, die künftigen Generationen sprechen ihr JA oder NEIN dazu.
Auch die Missachtung meines wahren Lebens und des Lebens anderer, oder, anders gesagt, des In-Beziehung-Seins mit dem Ganzen meiner Welt wird bearbeitet. Und was in mir erstarrt ist, mein Haben und Haben-wollen also, wird gelöscht oder, um es moralisch zu werten, abgestraft.
Nur was in Beziehung zum Ganzen steht, bleibt im Tode. Dieses Verständnis tröstet mich. Es lässt mich aus dem Tal der Skepsis und der Entfremdung wieder herausfinden zum Licht, und so kann ich auf neue Weise sagen: ich glaube an das ewige Leben.
Karl Hofmann
Dezembergespräch Kairos Inspirationen – 19. Dezember 2024, 20 bis 21:30 Uhr
Dezembergespräch Kairos Inspirationen
Einladung der Deutschen Kairosgesellschaft zu einem Zoom-Austausch zu den Kairos Inspirationen des Dezembers 2024 am Donnerstag, 19. Dezember, 20 bis 21:30 Uhr
Themen:
Link: https://zoom.us/j/98889292111?pwd=ovrLUMJZAeHAbIsZ5UOt8OI1jhQoNo.1
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Karl Hofmann