Kairos Inspirationen 2024/#34 – 22. September 2024

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Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.

 

Charles Baudelaire

 

Wir alle kennen den Spruch: Die Katze lässt das Mausen nicht. Warum? Das ist ihre Natur. Genauso hat jeder von uns ein instinktives Verhalten, seinen Charakter, seine scheinbar unveränderlichen Muster. Tatsächlich können wir uns zwar eine Zeitlang verstellen, anders handeln und reden, als wir sind, aber nicht auf Dauer.

 

Der Satz von Baudelaire lässt sich aber noch tiefer verstehen. Weder die tierähnlichen Instinkte noch die vielfältigen Prägungen verkörpern die ursprüngliche Natur des Menschen.

 

Seine ursprüngliche Natur ist, immer mit allem in einem Resonanz- und Kommunikationsverhältnis zu sein. Alles und jeder ist für uns eine Möglichkeit, mit der ich mehr oder weniger in Beziehung gehe. Angeblich fällen wir, so die Psychologie, bis zu 20000 Ja/Nein-Entscheidungen täglich. Die meisten dieser Entscheidungen bleiben gleich. Sie werden uns gewöhnlich gar nicht bewusst. Auf längere Sicht bemerkt jeder Veränderungen. Bei Kindern sind sie auch von außen leicht zu erkennen, bei Erwachsenen bleiben sie oft verdeckt und verdrängt.

 

Warum aber diese ständige Bewegung? Diese unsichtbare Wirklichkeit enthält eine eigene Dynamik. Die Natur des Menschen ist nicht, sondern wird ständig. Sie ist so, dass sie nicht unmittelbar zu etwas zwingt. Ich kann immer ausweichen, mich verschließen, mit dem Bewusstsein dagegen arbeiten, sie ignorieren.

 

Doch auf Dauer komme ich ihr nicht aus. Sie bringt sich in Erinnerung, nicht selten verkleidet oder materialisiert. Typisch dafür ist das Auftauchen von Krankheiten. Jemand, der lange die Behandlung von Krankheiten studiert hat, schrieb einmal: „Ich glaube, dass wir krank werden, wenn wir zu sehr von unserem Seelenplan abweichen, sprich, ein Leben leben, was nicht wirklich unseres ist. Die Lösung läge also darin, in sich rein zu hören und der inneren Stimme wieder mehr Beachtung zu schenken.“

 

Für mich ist der Kern des „Seelenplans“ jene Dynamik, die sich im Kairos zeigt. In ihm vereinigen sich „Plan“ und schöpferische Bewegung. Auf die „innere Stimme“ zu hören, heißt von da her auch, auf die innere Zeit zu hören. Sie ist nicht neutral, sondern hat gleichsam eine Richtung. Ihr Ziel ist, die eigene menschliche Natur bis zur maximalen Ganzheit zu entwickeln. Soweit wir diesen Weg gehen, gehen wir auch anders um mit dem, was wir Krankheit nennen.

 

Karl Hofmann

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