Kairos Inspirationen 2024/#9

Die Wurzeln des Auges liegen im Herzen

 

Webseite des Klosters im Escorial

 

Kairos Inspiration 31. 3. 2024

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Wer hat Probleme mit Ostern und der Auferstehung Jesu? Eigentlich dürfte es diese gar nicht mehr geben. Ich glaube, unser Problem ist ein ganz anderes. Wir haben verlernt , die richtigen Analogien zu erleben.

 

Ja, vor 150 Jahren war es sehr schwer, so etwas zu glauben. Die Atheisten hatten es leicht, die Gläubigen haben sich furchtbar angestrengt, dass Überlieferte festzuhalten Es gab eben kaum mehr eine Welt, die analog aufgebaut war. Man war materiell und kausal geprägt. Aber heute?

 

Heute können wir Ostern analog jeden Tag erleben. Die moderne Welt der Medien ist eine rein analoge Welt. Damit meine ich, dass wir ständig etwas sehen, von dem wir eigentlich sagen müssen, dass wir es noch mehr nicht sehen und hören.

 

Ist es dem Menschen möglich, etwas, was für die sinnlichen Augen nicht da ist, zu sehen? Natürlich. Immer wenn wir fernsehen oder am Bildschirm des Computers etwas sehen, sehen wir etwas, was nicht da ist. Willst du die Figuren des Films anfassen, wie das kleine Kinder noch gerne tun, indem sie an den Bildschirm greifen, verschwinden sie. Gehst du zu nahe an den Fernseher, merkst du, dass hier nur eine Menge von Punkten ist, die sich verändern. Irgendwann, irgendwo gab es Menschen, die etwas gespielt oder getan haben. Die realen Szenen wurden gefilmt und abgespeichert. Keiner von uns kann sich wirklich vorstellen, was da passiert. Von nun an waren die Aktionen wesentlich verwandelt. Nichtsdestotrotz lässt sich natürlich (meist) wiederentdecken, was tatsächlich gespielt und gesagt worden war. Neu ist, dass nun, sobald die realen Vorgänge in die sinnlich nicht nachvollziehbare Welt des Films übergegangen sind, diese beliebig zeitlich und örtlich reproduzierbar sind.

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Der christliche Glaube argumentiert genauso. Nach der Auferstehung existiert Jesus wesentlich anders. Das sinnlich Reale wird unsichtbar und das unsichtbar im göttlichen Raum Gespeicherte sichtbar. Von nun an „erscheint“ er. In jeder Kommunion kannst du ihn zeichenhaft empfangen. So die religiöse Sprechweise. Er ist für die Augen des Herzens sichtbar, wenn du diese auf Empfang geschaltet hast. Denn, wie jemand geschrieben hat: Die Wurzeln des Auges liegen im Herzen.

 

Das ist natürlich sehr religiös gesprochen. Nehmen wir es einmal neutraler. Die Wurzeln des Auges liegen dort, wo wir als Menschen die Beziehung herstellen zu unserer Welt, die aus Fakten, Bildern, Gefühlen und Vorstellungen besteht. Ob ich an Ostern die Auferstehung feiere oder mir einen schönen Film anschaue, es zeigt mir und anderen jeweils, wie tief ich noch in Beziehung zu meinem Menschsein gehen kann und will, wie sehr ich noch verwurzelt bin in meinen Ursprüngen.

 

Das Problem ist nicht Ostern, sondern die Stärke der Kraft, die uns befähigt, bis zu den Wurzeln des Auges hinabzusteigen. Die Frage ist also, wo unser Bezug zum Unsichtbaren endet. Bei Charlie Chaplin und seinen Botschaften oder bei Jesus Christus und seinen Botschaften? Es ist eine Frage, die sich traditionell am heutigen Tage in besonderer Weise stellt oder besser gesagt, die der heutige Tag beantwortet, persönlich und kollektiv.

 

Frohe Ostern!

 

Karl Hofmann

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